Rohr- und Kanalkamera Selbstbau („Ei-Cam“)

Du fragst dich jetzt sicherlich, was hat eine Rohrkamera mit einem Smart Home zu tun? Richtig, nicht so viel. Dieser damals sehr beliebte Beitrag aus dem Jahr 2008 hat den Ursprung in meinem vorherigen Projekt „Selbstbau-Blog.de“. Deshalb bekommt er hier einen Ehrenplatz, inkl. einiger Kommentare!

Viele von Euch haben sicherlich schon einmal ein verstopftes Abflussrohr zu Hause gehabt. Meistens hilft zur Beseitigung der Verstopfung ein Wasserschlauch mit einem speziellen Düsenaufsatz, ein Hochdruckreiniger oder auch eine Rohrreinigungsspirale. Was ist aber, wenn sich diese Verstopfung nicht durch Einsatz der vorgenannten Mittel beseitigen lässt? Meistens wird dann erstmal zur Ursachenfindung eine Kamera eingesetzt um den Ort und den Grund der Verstopfung ausfindig zu machen. Dies wird dann meistes von Fachfirmen durchgeführt, die eine Menge Geld für diesen Einsatz verlangen. Um den Monteureinsatz zu sparen, kann man sich alternativ natürlich selbst so eine Kamera zulegen, doch bei Preisen von mehreren Tausend Euro fällt auch diese Variante weg.

Irgendwann stand auch ich vor diesem Problem. Der Küchenabfluss war dicht. Ein mehrmaliges Spülen mit dem Hochdruckreiniger brachte nichts, sämtliches Wasser kam wieder zurück. Ich habe mich also nach den weiteren Möglichkeiten erkundigt und kam zu dem Schluss – eine Kamera muss her! Das Ergebnis meiner Anstrengungen seht ihr hier.

Nach längerer Internetsuche fand ich schliesslich eine mögliche Kameravariante bei meinem bevorzugten Lieferant für Elektronikbauteile, dem Spezialversand Pollin. Diese LCD-Kamera liefert ein Farbbild mit einer Auflösung von 537×597 Pixel und hat die Abmessungen (LxBxH) 26×21×31 mm. Ideal also für Rohre mit der Grösse DN 50 und grösser. Als Anschlüsse sind Video, Audio und 12V Spannungsversorgung aus dem schwarzen Gehäuse herausgeführt.

Nun gab es zwei Probleme zu lösen. Wie bekomme ich die Kamera wasserdicht (ich wusste ja nicht was mich erwartet) und wie kann ich Licht ins Dunkle bringen. Für das erste Problem fiel mein Blick auf den Tisch vor mir. Ihr habt richtig gesehen, ein Überraschungs-Ei! Also schnell aufgegessen und das Innere kam zum Vorschein. Ein gelbes Ei, welches mir für mein Vorhaben geeignet schien.

In den Deckel bohrte ich also ein Loch mit einem Schälbohrer, damit das Objektiv passgenau heraus guckt. Für das Problem Beleuchtung gibt es eine relativ einfache Lösung: 3 Hochleistungs-LED’s, rund um das Objektiv sollten die nötige Helligkeit bringen. Beim Bohren muss darauf geachtet werden, dass das Kunststoff nicht splittert!

Nach dem Bohren habe ich alles für den Einbau der Kamera vorbereitet. Um Steckverbindungen ausserhalb des Gehäuses zu vermeiden, habe ich die ursprünglichen Kabel vorsichtig von der Platine entfernt und ein spezielles Verlängerungskabel angelötet. Hierbei musste ich sorgfältig arbeiten, da die SMD-Bauteile der Kamera leicht mit einem zu heissen Lötkolben zerstört werden können. Die Leitungen müssen natürlich erst durch die untere Hälfte des Überraschungseis geführt werden! Auch die Adern für die Beleuchtung habe ich mit den spannungsführenden Adern des Verlängerungskabels verbunden. Für diesen Zweck habe ich 3 LED’s (jeweils 3,5V) mit einem zusätzlichen Widerstand von 100 Ohm in Reihe geschaltet. Nachdem ich das Modulgehäuse wieder mit den 2 Schrauben verschlossen hatte, war ein Test an der Reihe – das Ergebnis sah dann so aus:

  

Nach dem Funktionstest habe ich das Ganze in das Überraschungsei eingepasst und die obere Hälfte mit Polyurethan Gießharz vergossen. Hierbei habe ich darauf geachtet, das alle Öffnungen gut verschlossen werden. Das Objektiv habe ich herausgedreht, damit das Gewinde nicht verklebt.

Um die Ei-Cam später in das Rohr schieben zu können, habe ich in den unteren Teil ein 10 Meter langes Fiberglas Einziehband mit eingegossen, welches am Ende eine flexible Feder hat. Somit kommt die Kamera um jeden Bogen, ohne zu verkanten. Der braune Stopfen verschliesst das Loch, durch dem das Harz eingefüllt wurde.

Hier sieht man die fertige Ei-Cam vor ihrem ersten Einsatz. Das Objektiv habe ich noch mit selbstverschweissendem Isolierband abgedichtet. So kann jetzt an keiner Stelle mehr Feuchtigkeit in das Gehäuse eindringen und die Elektronik beschädigen. Damit sich das Anschlusskabel nicht im Rohr verdrillt, empfiehlt es sich, das Kabel alle 25 cm mit Isolierband an dem Einziehband zu fixieren. Die Spannungsversorgung wird von einem stabilisierten Netzteil zur Verfügung gestellt. An dem Netzteil habe ich noch einen neuen Hohlstecker (5,5/2,1) angelötet, passend zum Verlängerungskabel.

Und dann kam endlich der interessante Teil. Wie macht sich die Kamera auf dem Weg zu der Verstopfung? Die Fotos und Videos dazu, habe ich mit einem sogenannten USB Video-Grabber, der mit einem Notebook verbunden war, auf Festplatte aufgenommen. Den Ausgangspunkt der Reise stellt ein DN 50 Anschlussrohr für ein Spülbecken dar.

        

Nach etwa 8 Metern versperrt ein riesiger Klumpen aus Fett- und Speiseresten den Weg. Die Verstopfung ist gefunden! Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, daß die nachfolgenden Bilder unter Wasser aufgenommen worden sind!

      

Die Behebung der Verstopfung war dann schliesslich kein Problem mehr. Anhand der Einziehband-/Kabellänge wusste man genau, wo die Verstopfung zu finden ist. Diese lag etwa 50 cm außerhalb des Hauses. Also an der vermuteten Stelle aufgegraben und mit einem Schälbohrer ein kleines Loch in das Rohr gebohrt. Die festen Stücke konnte man dann einfach mit einem Schraubendreher und einem PE-Rohr durchstossen! Nach dem Abdichten des Rohres lief das Wasser wieder ungehindert ab…

Menge Artikelbezeichnung Lieferant Bestellnummer Einzelpreis
1 Mini-Kamera Pollin 580 012 19,95 €
1 Einziehband 10m Pollin 500 223 4,50 €
1 Steckernetzteil 12V Pollin 350 125 4,50 €
1 Verlängerungskabel Pollin 580 179 5,95 €
3 Hochleistungs-LED Pollin 120 229 0,45 €
1 Hohlstecker Pollin 450 209 0,20 €
1 Widerstand 100 Ohm Reichelt 1/4W 100 0,10 €
1 Polyurethan Gießharz Reichelt HARZ PU500 14,95 €
1 Überraschungs-Ei Supermarkt an der Kasse 0,50 €

Achtung: Preise und Bestellnummern aus dem Jahr 2008!

 

Lars Saathoff

Über Lars Saathoff

Hi, ich bin Lars! Staatlich geprüfter Techniker, IT Fachmann und technikbegeisterter Vater. Eigentlich beschäftige ich mich tagsüber mit den IT Problemen dieser Welt, in meiner Freizeit jedoch werde ich zum Smart Home Profi. Den Hausbau erst einmal begonnen, fand ich damals in keinem der am Markt befindlichen namhaften Hersteller einen zuverlässigen Partner. Ich brauchte eine andere Lösung. Herausgekommen ist ein einzigartiges Smart Home Projekt, dass es in dieser Art und Weise nicht noch einmal gibt. An den gesammelten Erkenntnissen und Erfahrungen möchte ich dich in diesem Blog teilhaben lassen und freue mich über dein Feedback!
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8 Antworten zu Rohr- und Kanalkamera Selbstbau („Ei-Cam“)

  1. Avatar Hans Bogotzek sagt:

    guten tag herr lars saathoff,

    rohr-und k analkamera selbstbau (ei-cam)
    kosten anfrage.
    da ich kein so profi bin können sie mir mitteilen
    was die komplete fertig steuerung plus anschlus-
    splan kosten würde mit der hardwaer habe keine
    probleme. mit freundlichen gruss

    • Avatar Lars Saathoff sagt:

      Hallo Herr Bogotzek,

      am Ende des Beitrags gibt es eine Auflistung der verwendeten Bauteile sowie die dazugehörigen Preise. Leider biete ich kein fertiges Modul an.

      Grüße

      Lars Saathoff – Selbstbau-Blog.de

  2. Avatar Peter Heider sagt:

    Hallo Herr Saathoff,

    bin vor einiger Zeit per Google auf Ihre Seite gestoßen und habe mir den Link gleich abgelegt.
    Wer weiß wofür man es noch gebrauchen kann!
    Nun ist es soweit. Alle Teile Ihrer Stückliste sind weiterhin bei Pollin erhältlich. Das ist schon mal positiv.
    Eine Frage habe ich aber noch: Gibt es einen Tip welcher USB Video-Grabber am besten geeignet ist?
    Kenne mich in diesen Dingen nicht so aus und wäre über einen Tip dankbar.
    MfG Peter Heider

    • Avatar Lars Saathoff sagt:

      Hallo Herr Heider,

      grundsätzlich kann jeder USB Video-Grabber mit einem Standard “Video”-Eingang verwendet werden. Günstig und gut ist z.B. der “USB 2.0 Video-Grabber” von Pollin, Bestell-Nr.: 721 399!

      Viele Grüße

      Lars Saathoff – Selbstbau-Blog.de

  3. Avatar Toni Kruck sagt:

    Guten Tag, Herr Saathof!
    Bin ganz begeistert von Ihrer genialen Erfindung.
    Wir werden vermutlich aus ähnlichem Anlass so ein “Ding ” nachzubauen versuchen.
    MfG T.Kruck

  4. Avatar Herr Mank sagt:

    Hallo Herr Saathoff,

    ich habe den Link zu ihrem Blog, nach einem Tipp von einem Arbeitskollegen, schon Jahre in meiner Favoriten-Liste. Die Teile liegen ebenso lange bei mir zu Hause herum. Jetzt endlich bin ich dazu gekommen alles zusammen zu bauen. Ich bin absolut begeistert von der Einfachheit und Genialität dieser Idee. Aktuell betrifft mich ein ähnliches Problem, bei dem ich eine Riesensumme Geld sparen werde, nur weil ich ein Video meines Abwasserrohres habe. Kanalbaufirmen geben solche Aufnahmen trotz hoher Preise nur sehr ungern heraus. Eine kleine Modifikation musste ich noch vornehmen, weil es sich bei mir um das Hauptabwasserrohr mit Durchmesser 150cm handelt und es waagerecht verlegt ist. Schiebt man die Cam einfach so hinein liegt sie komplett im Schlamm und man erkennt nicht mehr. Abhilfe schafft ein Spielzeugauto mit großen Gummireifen. Bei mir war es ein LKW. Einfach die Ladefläche abgebaut und die Cam stattdessen montiert und schon filmt man über dem Schlamm.
    Würde mich über mehr solcher Ideen von ihnen freuen.

    Gruß Mank

  5. Avatar Fritz Scheppert sagt:

    Hallo Herr Saathoff,

    vielen Dank für diesen tollen Beitrag.

    Ich habe drei Fragen, die mir aus dem Text nicht ganz klar werden (ich bin interessierter Laie mit geringer Bastelerfahrung):

    Wie wurde die Linse außerhalb des Gehäuses wasserdicht abgedichtet?

    Strahlen die LED durch das (unbeschädigte) Gehäuse oder wurde durchgebohrt?

    Erkennt man im dargestellten Bild, in welcher Position man sich befindet bzw. was “oben” und “unten” ist?

    Gruß
    Fritz

    • Avatar Lars Saathoff sagt:

      Hallo Herr Scheppert,

      die Gewindefassung steht etwas aus dem Ei heraus, sodass man das eingeschraubte Objektiv mit selbstverschweissendem Klebeband (lösbar) oder Kleber (unlösbar) abdichten kann.

      Die LEDs schauen aus dem Gehäuse heraus. Es wurden Löcher gebohrt.

      Oben und unten erkennt man an den Ablagerungen sowie am Wasserstand im Rohr.

      Viele Grüße

      Lars Saathoff – Selbstbau-Blog.de

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